Ein unbändiger Bewegungsdrang in den Beinen, begleitet von unangenehmen Missempfindungen wie Kribbeln, Ziehen, Stechen oder Brennen – das sind die quälenden Symptome des Restless-Legs-Syndroms (RLS).
Diese Beschwerden treten typischerweise in Ruhephasen auf, besonders abends und nachts, wenn man sitzt oder liegt, und bessern sich vorübergehend durch Bewegung.
Für Betroffene bedeutet RLS oft eine erhebliche Beeinträchtigung ihrer Schlafqualität und Lebensqualität. Das Einschlafen wird zur Tortur, der Schlaf ist unruhig und fragmentiert, und die Folge sind Tagesmüdigkeit, Erschöpfung und Konzentrationsstörungen. Es ist wichtig, RLS als ernstzunehmende neurologische Erkrankung zu erkennen und geeignete Strategien zur Linderung der Symptome und zur Verbesserung des Schlafs zu finden.
Was ist das Restless-Legs-Syndrom (RLS)?
Das Restless-Legs-Syndrom, auch Willis-Ekbom-Krankheit genannt, ist eine chronische neurologische Erkrankung, die durch folgende vier Hauptkriterien gekennzeichnet ist (diagnostische Kriterien der International Restless Legs Syndrome Study Group, IRLSSG):
1. Bewegungsdrang der Beine: Meist verbunden mit oder verursacht durch unangenehme Missempfindungen in den Beinen (Dysästhesien oder Parästhesien). Manchmal sind auch die Arme oder andere Körperteile betroffen.
2. Auftreten oder Verschlimmerung in Ruhe: Die Symptome beginnen oder verstärken sich in Ruhe- und Entspannungsphasen wie Sitzen oder Liegen.
3. Besserung durch Bewegung: Die Beschwerden werden durch Bewegung wie Umhergehen, Dehnen oder Reiben der Beine zumindest vorübergehend gelindert.
4. Abendliche/nächtliche Symptomatik: Die Symptome sind abends und nachts ausgeprägter als tagsüber oder treten ausschließlich zu diesen Zeiten auf.
Viele RLS-Patienten leiden zusätzlich unter periodischen Beinbewegungen im Schlaf (Periodic Limb Movements in Sleep, PLMS), unwillkürlichen Zuckungen oder Beugungen der Beine, die den Schlaf weiter stören können, oft ohne dass der Betroffene dies bewusst wahrnimmt.
RLS betrifft schätzungsweise 5-10% der Bevölkerung, wobei Frauen häufiger betroffen sind als Männer. Die Symptome können in jedem Alter beginnen, nehmen aber oft mit zunehmendem Alter an Häufigkeit und Intensität zu.
Ursachen des Restless-Legs-Syndroms: Nicht immer klar
Die genauen Ursachen von RLS sind noch nicht vollständig geklärt. Man unterscheidet zwei Hauptformen:
1. Primäres (idiopathisches) RLS:
◦ Hier ist keine eindeutige Grunderkrankung als Ursache erkennbar. Es wird eine genetische Veranlagung vermutet, da RLS oft familiär gehäuft auftritt. Störungen im Dopaminstoffwechsel im Gehirn (Dopamin ist ein wichtiger Neurotransmitter für die Bewegungssteuerung) und ein Eisenmangel im Gehirn scheinen eine zentrale Rolle zu spielen, auch wenn die Eisenspeicher im restlichen Körper normal sein können.
2. Sekundäres (symptomatisches) RLS:
◦ Hier tritt RLS als Folge oder Begleiterscheinung einer anderen Erkrankung oder eines bestimmten Zustands auf. Häufige Auslöser sind:
▪ Eisenmangelanämie oder niedrige Eisenspeicher (Ferritinspiegel): Dies ist eine der häufigsten und wichtigsten behandelbaren Ursachen.
▪ Nierenerkrankungen: Insbesondere bei dialysepflichtiger Niereninsuffizienz.
▪ Schwangerschaft: Besonders im letzten Drittel. Die Symptome verschwinden meist nach der Geburt wieder.
▪ Neurologische Erkrankungen: Z.B. Polyneuropathien (Schädigung peripherer Nerven), Multiple Sklerose, Parkinson-Krankheit.
▪ Rheumatische Erkrankungen: Z.B. rheumatoide Arthritis.
▪ Medikamente: Bestimmte Medikamente können RLS-Symptome auslösen oder verstärken, z.B. einige Antidepressiva (insbesondere SSRIs), Antihistaminika (in vielen Allergiemitteln und einigen Schlafmitteln), Antipsychotika, Antiemetika (Mittel gegen Übelkeit).
▪ Übermäßiger Konsum von Koffein, Alkohol oder Nikotin.
Die Auswirkungen von RLS auf den Schlaf und die Lebensqualität
Die quälenden Missempfindungen und der unwiderstehliche Bewegungsdrang machen das Einschlafen oft unmöglich. Betroffene wälzen sich im Bett, stehen immer wieder auf, gehen umher, um Linderung zu finden. Der Schlaf ist dadurch stark fragmentiert und nicht erholsam.
Die Folgen sind:
• Chronische Insomnie (Ein- und Durchschlafstörungen).
• Übermäßige Tagesmüdigkeit und Erschöpfung.
• Konzentrations- und Gedächtnisstörungen.
• Verminderte Leistungsfähigkeit im Beruf und Alltag.
• Stimmungsschwankungen, Reizbarkeit.
• Erhöhtes Risiko für Depressionen und Angststörungen.
• Einschränkung sozialer Aktivitäten (z.B. Kino-, Theaterbesuche oder lange Reisen werden zur Qual).
• Deutliche Reduktion der Lebensqualität.
Diagnose des Restless-Legs-Syndroms
Die Diagnose von RLS erfolgt primär anhand der typischen Symptome (Anamnese) gemäß den oben genannten Kriterien. Eine körperliche und neurologische Untersuchung dient dem Ausschluss anderer Erkrankungen.
Wichtige Zusatzuntersuchungen sind:
• Blutuntersuchung: Bestimmung der Eisenwerte (Ferritin, Transferrinsättigung), Nierenwerte, Schilddrüsenwerte, Blutzucker, Vitamin B12 und Folsäure.
• Polysomnographie im Schlaflabor: Kann sinnvoll sein, um den Schweregrad der Schlafstörung zu objektivieren, PLMS zu erfassen und andere Schlafstörungen (z.B. Schlafapnoe) auszuschließen.
• Ggf. neurologische Zusatzuntersuchungen (z.B. Elektroneurographie) bei Verdacht auf eine Polyneuropathie.
Behandlungsmöglichkeiten: Linderung für unruhige Beine
Die Behandlung von RLS zielt darauf ab, die Symptome zu lindern, die Schlafqualität zu verbessern und die Lebensqualität zu erhöhen. Sie richtet sich nach der Ursache und dem Schweregrad.
1. Behandlung sekundärer Ursachen:
• Eisenmangel beheben: Bei nachgewiesenem Eisenmangel (niedriger Ferritinspiegel, meist unter 50-75 μg/l) ist die Eisensubstitution (oral oder intravenös) oft sehr wirksam.
• Grunderkrankungen behandeln: Optimale Therapie der zugrundeliegenden Nierenerkrankung, rheumatischen Erkrankung etc.
• Medikamente überprüfen und ggf. umstellen: Sprechen Sie mit Ihrem Arzt, ob Medikamente, die Sie einnehmen, RLS auslösen oder verstärken könnten.
2. Allgemeine Maßnahmen und Lebensstiländerungen:
• Gute Schlafhygiene: Regelmäßige Schlafenszeiten, eine angenehme Schlafumgebung.
• Vermeiden von Auslösern: Reduzieren oder vermeiden Sie Koffein (besonders abends), Alkohol und Nikotin.
• Moderate körperliche Aktivität: Regelmäßige, nicht übermäßig anstrengende Bewegung am Tag (z.B. Spazierengehen, Schwimmen, Radfahren, Yoga) kann hilfreich sein. Vermeiden Sie intensive Anstrengung kurz vor dem Schlafengehen.
• Dehnübungen für die Beine: Vor dem Schlafengehen oder bei Auftreten der Symptome.
• Massagen der Beine.
• Warme oder kalte Bäder/Umschläge für die Beine: Ausprobieren, was individuell Linderung verschafft.
• Ablenkung: Beschäftigungen, die Konzentration erfordern (z.B. Lesen, Rätseln), können die Symptome in Ruhephasen manchmal mildern.
• Stressmanagement: Entspannungstechniken wie Progressive Muskelentspannung oder Meditation.
3. Medikamentöse Therapie (bei moderatem bis schwerem RLS):
Wenn die oben genannten Maßnahmen nicht ausreichen, kann eine medikamentöse Behandlung notwendig sein. Die Auswahl des Medikaments richtet sich nach der
Schwere der Symptome, dem Alter des Patienten und möglichen Begleiterkrankungen. Eingesetzt werden vor allem:
• Dopaminagonisten (z.B. Pramipexol, Ropinirol, Rotigotin-Pflaster): Sie imitieren die Wirkung von Dopamin im Gehirn und sind oft sehr wirksam. Sie werden meist in niedriger Dosierung abends eingenommen. Langfristig kann es bei einigen Patienten zu einer sogenannten Augmentation kommen (paradoxe Verschlimmerung der Symptome, früheres Auftreten am Tag, Ausbreitung auf andere Körperteile). Daher ist eine sorgfältige ärztliche Überwachung wichtig.
• L-Dopa (Levodopa): Eine Vorstufe von Dopamin. Wird heute seltener und eher bei intermittierenden Symptomen eingesetzt, da es häufiger zur Augmentation führt.
• Alpha-2-Delta-Liganden (Gabapentin, Pregabalin): Ursprünglich zur Behandlung von Epilepsie und neuropathischen Schmerzen entwickelt, haben sich diese Medikamente auch als wirksam bei RLS erwiesen, insbesondere wenn Schmerzen im Vordergrund stehen oder Dopaminagonisten nicht vertragen werden oder zur Augmentation geführt haben.
• Opioide (in niedriger Dosierung, z.B. Tilidin, Tramadol, Oxycodon): Kommen nur in schweren, therapieresistenten Fällen unter strenger ärztlicher Kontrolle zum Einsatz, da sie ein Abhängigkeitspotenzial haben.
• Benzodiazepine oder andere Schlafmittel: Sollten wegen des Abhängigkeitsrisikos und der Nebenwirkungen nur kurzfristig und in Ausnahmefällen zur Behandlung der RLS-bedingten Insomnie eingesetzt werden.
Fazit: Ruhe finden für Körper und Geist
Das Restless-Legs-Syndrom ist eine belastende Erkrankung, die den Schlaf und die Lebensqualität erheblich beeinträchtigen kann. Doch Betroffene müssen nicht tatenlos zusehen.
Eine genaue Diagnose, die Identifizierung und Behandlung möglicher sekundärer Ursachen (insbesondere Eisenmangel) sowie eine Kombination aus Lebensstiländerungen und gegebenenfalls einer individuell angepassten medikamentösen Therapie können oft zu einer deutlichen Linderung der Symptome führen.
Wenn Sie unter den typischen Beschwerden von RLS leiden, suchen Sie ärztlichen Rat. Mit der richtigen Strategie können auch Ihre Beine wieder zur Ruhe kommen und Sie zu einem erholsamen Schlaf zurückfinden.
Disclaimer: Dieser Artikel dient nur zu Informationszwecken und ersetzt keine professionelle medizinische Beratung. Bei Verdacht auf RLS oder anhaltenden Schlafstörungen konsultieren Sie bitte einen Arzt oder Neurologen.